
Ein Kommentar von Sercan
An einem sonnigen Donnerstagvormittag fand in der Sehitlik-Moschee am Columbiadamm die Präsentation des JUMA-Atlas statt. Anwesend waren neben den Autorinnen und Autoren auch Presse-VetreterInnen und die Integrationsbeauftragte des Landes Berlin Frau Dr. Lüke.
Der offizielle Beginn der Veranstaltung verzögerte sich bereits um einige Minuten, als die Moderatorin und JUMA-Teilnehmerin Liridona uns freundlich darum bat, Platz zu nehmen. Wir waren brav, fügten uns ihrer freundlichen Bitte und nahmen Platz in einem Stuhlhalbkreis des unteren Gebetsraumes der Moschee.
Eigentlich hatte ich mich zu diesem Tag auf die Vorstellung des Atlas eingestellt und sogar ein wenig darauf vorbereitet, doch das Thema war ein ganz anderes.
Nachdem die Teilnehmenden wie Gäste weiterhin freundlich waren, sich begrüßten und die Präsentation auf sich einwirken ließen, wo u.a. das Gebärdensprachprojekt genauer vorgestellt wurde, wurde das Wort an das Publikum übergeben. Zunächst zögerlich, dann zunehmend mutiger, wurde Frau Lüke von den Teilnehmenden und andersherum mit Wünschen und Bedürfnissen konfrontiert. So dauerte es auch nicht lange, bis das Gespräch und die Diskussion sich um das Sorgenkind Finanzen drehten.

Den Beginn machte die Vorsitzende der Frauengruppe der Sehitlik-Moschee Frau Cetin: Ob es denn nicht möglich sei, finanzielle Förderung vom Land Berlin zu erhalten; nein, nicht für die Imame der Moscheen, denn das erwarte niemand, sondern für die Jugend-, Senioren- oder Frauenarbeit der Vereine und Gruppen. Daraufhin Frau Lüke: „Sie verkaufen sich zu klein. Sie gehören nicht in die Migrantenecke. Sie sind Berliner.“ Nur sei das Problem, so die anschließende Reaktion seitens des Publikums, dass beispielsweise Anträge auf Förderung von Moscheen aber häufig als Migrantenverträge durchgehen. Man könne deswegen meistens keine anderen Töpfe ausschöpfen und wird zudem auch noch formal in die „Migrantenecke“ gerechnet.
Hierauf folgte nun der traditionelle Hinweis auf die Situation des Haushaltes, natürlich immer noch freundlich: Das Geld sei knapp. Es stünden derzeit nur 1,5Mio Euro bei 200 eingetragenen „Migrantenvereinen“, Moscheen ausgenommen, zur Verfügung.
Okay, halten wir fest: Die muslimische Jugendarbeit, die sich häufig durch Moscheen organisiert, stellt Anträge auf Förderung, welche wegen dem „muslimisch“ in ihrem Namen als Migrantenverträge gelten und fordern somit aus einem Finanztopf Geld, welcher für sie, da sie sich durch Moscheen organisieren, zumindest formal gesehen gar nicht vorgesehen ist?!
Dieses Problem wurde nun bemängelt und thematisiert. Häufig sei es so, dass man von einer Behörde zur nächsten geschickt werde. Vielleicht, weil niemand Lust hat Verantwortung zu übernehmen oder vielleicht, weil es tatsächlich aufgrund struktureller Gegebenheiten nicht möglich ist, explizit muslimische Jugendarbeit zu fördern? Frau Lüke gab sich verständnisvoll. Jedenfalls versprach sie den Jugendlichen ein Treffen mit der Staatssekretärin und VertreterInnen aus der Innenverwaltung.
Treffen über Treffen
Das wurde mir nun zu bunt. Und da war ich wohl nicht der Einzige. Nemi, ebenso JUMA-Teilnehmerin, versuchte gegen Ende der Veranstaltung nochmal auf den Atlas, um den es ja heute schließlich gehe, zu verweisen mit besonderem Augenmerk auf das Projekt i,Slam. Teilnehmerin Faten ergänzte und nannte ihre persönliche Motivation, weshalb sie ebenfalls bei i,Slam mitwirkt: „Es ist eine Möglichkeit, Hobbys und Leidenschaften in einer guten Tat zusammenzutragen.“
Gute T a t e n – der Atlas ist ein Ergebnis aus den Bemühungen der muslimischen Jugendlichen um gute Taten. Und Taten sollten in Anbetracht dessen weiterhin im Vordergrund stehen, ganz gleich, ob diverse Bedingungen und Forderungen, selbst wenn sie gerechtfertigt sind, Wirklichkeit werden oder nicht. Manchmal verrennen wir uns in den Bedingungen, machen jegliches Handeln von ihnen abhängig und vergessen dabei, den Mangel an guten Taten zu kompensieren, den wir eigentlich bitter nötig haben.