
Wie ein Schlag traf einen diese Nachricht, „Explosion im norwegischem Regierungsviertel“. Zu diesem Zeitpunkt hat noch keiner absehen können, welche Nachwirkungen, Emotionen und Fragen diese Schlagzeile mit sich tragen wird. Sofort habe ich an 9/11 gedacht und fühlte genau, dasselbe wie vor 10 Jahren. Vielleicht fragen wir uns in einer Dekade, dieselbe Frage wie bei 9/11 und zwar: wo warst du als es passierte?
Leider war das nicht die einzige schlechte Nachricht, binnen weniger Minuten erreichte uns eine schrecklichere Meldung, was sich kaum jemand vorstellen vermag. Auf der kleinen norwegischen Insel Utøya eröffnete ein Mann in Polizeiuniform das Feuer, auf Jugendliche, die gerade an einem Jugendlager teilnahmen. Das traurige Ergebnis dieses Doppelanschlags sind 76 Menschen, die ihr Leben gelassen haben.
Neben den Emotionen, welche ich als kleiner Junge am 11.09.2001 fühlte, hatte sich nach dem Lesen dieser Nachrichten ein Gefühl der Leere in mir breit gemacht. Sofort schossen mir viele Fragen durch den Kopf. Kann das sein? Wer ist dieser Mensch? Und die Frage, die uns alle beschäftigt, wieso?
Wie auch bei 9/11 war der Täter extrem in seiner Einstellung. Er stellte sich als Templer(chr. Ritterorden, der während den Kreuzkriegen aktiv war) dar, sah sich als Revolutionär, jemand der Europa vor der drohenden Islamisierung retten muss. Seine Gegenspieler konnte Anders Behring Breivik, der Attentäter, auch benennen. Es sind, nach seiner Ansicht, Menschen mit linker politischer Haltung. Mein Gedanke bei diesen Motiven war, wieder einer der die Religion als Vorwand nutzt, um andere Menschen zu verletzen bzw. zu töten. Egal wie Gewalt motiviert ist, ob links, rechts oder theologisch, niemals kann es für mich einen Grund geben, um solche inhumanen Unternehmungen zu rechtfertigen.
Es kommt einer Verhöhnung der Angehörigen und der Werte in der westlichen Zivilisation gleich, wenn der Täter der Meinung ist, er habe „nichts Strafbares“ getan. Bei solchen Aussagen empfinde ich auf der einen Seite Trauer und auf der anderen Seite tiefste Verachtung. Die Trauer kommt dadurch zustande, dass der Täter, der als christlicher Fundamentalist gilt, den Sinn seiner Religion nicht verstanden hat. Liebe deinen Nächsten und du sollst nicht töten, zeigen doch auf, dass das Christentum nicht für solche Attentate missbraucht werden kann.
Auch wenn es doppelzüngig wäre hier von Verachtung zu sprechen, so kann ich nicht verhehlen, dass ich für diesen Mann vorwiegend Verachtung empfinde. Obwohl ihm dargelegt wird, was er verbrochen hat, denkt er, er habe richtig gehandelt. Der Täter gibt vor der Justiz zu, dass er diese abscheuliche Tat aus Hassgründen begangen hat, dennoch zeigt er keine Reue. Dies lässt ihn für mich verachtungswürdig erscheinen.
Allerdings hat Hass erst zu dieser Tat geführt, deswegen sollten wir alle darüber nachdenken, wie wir unseren Mitmenschen entgegen treten und ob wir hier und dort nicht doch etwas toleranter sein könnten.
Im weiteren Verlauf der Berichterstattung wurde erwähnt, dass Anwohner und Urlauber, die auf der Insel waren, den Jugendlichen zu Hilfe geeilt sind. Für mich ist diese kleine Randinformation von größter Wichtigkeit. Denn hier können wir erkennen, dass in jedem von uns noch etwas Menschliches steckt und die Welt nicht nur aus den Anschlägen in New York, London, Madrid oder auch in Oslo besteht.
In meinem Schlusswort will ich noch einmal allen Angehörigen der Opfer mein Beileid aussprechen. Es ist immer schwer jemanden zu verlieren, dennoch sollte man sich nie die Lebenslust von Extremisten nehmen lassen. Das kann nicht im Sinne der Opfer sein. Wir sollten nun zusammen Stärke zeigen und beweisen, dass Fundamentalisten uns nicht einschüchtern können.