Auch JUMA BILDet sich

Am 8.10.2011 haben wir zusammen mit Nikoletta und Hakan die BILD-Redaktion besucht und eine Führung bekommen. Anschließend gab es eine Gesprächsrunde mit einem BILD-Redakteur, wobei ordentlich die Fetzen flogen.

Nach einer Kontrolle, der eines Flughafens würdig war, durfte jeder mit persönlichem Namensschild eintreten. Wir schauten uns zunächst einen Teil der Redaktion an und durften anschließend einem Journalisten bei der Aufbereitung der Artikel des Folgetages über die Schulter schauen.

In der Gesprächsrunde mit dem gastgebenden Journalisten sprachen wir über seine Biografie und seine Motivationen für die BILD zu arbeiten. Wir erfuhren, dass er dort das Handwerkszeug eines Journalisten lernt und, dass das Arbeiten bei der BILD allgemein als Sprungbrett für die Karriere genutzt werden kann. Geschrieben werden die Artikel in der BILD kurz und knapp mit viel Skurrilem und viel (mehr oder minder) passendem Bildmaterial. Nur wirklich wichtige Ereignisse kommen ohne irgendeinen skurrilen Zusatz in das Boulevardblatt, wobei auch drauf geachtet wird, eine Ausgewogenheit zwischen Positivem und Negativem herzustellen, weshalb neben traurigen Nachrichten beispielsweise Witze oder Tiere zu sehen sind. Die Quellen sind Nachrichtenagenturen wie die dpa, aber auch sehr schnelle Reporter und Insiderinformationen durch private Kontakte.
Laut unserem Gastgeber gibt die BILD eine Anregung zum Denken und sei zudem auch meinungsbildend. Persönlich würde er die BILD aber nicht lesen, da sie ihn nicht erfülle. Er würde sie höchstens in Kombination mit einem seriösen Blatt lesen.
Auf die Frage, warum die Thesen Sarrazins unkommentiert erschienen, entgegnete der Redakteur, dass man davon ausgeht, dass der BILD-Leser intelligent genug sei, sich die Meinung richtig zu bilden, und dass im Prinzip nur die Unterhaltung im Vordergrund stand. Er gesteht jedoch ein, dass es nicht unkommentiert hätte publiziert werden sollen, und dass man Sarrazin eine riesige Plattform geliefert habe.
Beim Thema Ausländer, Migranten, Deutsche mit Migrationshintergrund verhaspelte er sich immer wieder und wusste nicht so recht, wie er uns denn selbst sehen und nennen soll. Es fiel ihm schwer unsere Gruppe von jungen Muslimen mit Wurzeln aus allen möglichen Ländern als deutsch anzusehen, obwohl wir uns selbst so sahen und uns in manchen Situationen wesentlich besser artikulieren konnten als er.
Zu der Darstellung von Migranten in der BILD (Nationalität, Religion, Name im Vordergrund) äußerte er sich insofern, dass dies die Fakten seien und er die Nationalität ja nicht einfach ändern könne. Sein Vergleich dazu war, dass die Taten eines Bayers genauso dargestellt würden wie die eines Ausländers.Alles in allem war der Besuch eher enttäuschend, da wir mit dem Gefühl rausgegangen sind, mit niemandem geredet zu haben, der wirklich Entscheidungsträger ist, sondern eher mit jemandem, der als Kanonenfutter für uns benutzt werden sollte.
Trotzdem haben wir einen interessanten Einblick in die Arbeit einer Boulevardzeitschrift erhalten.