
Am 6. März traf JUMA den Vizepräsidenten des deutschen Bundestags Wolfgang Thierse und sprachen mit ihm über die Vereinbarkeit von Religiösität und Politik. Er selbst ist bekennender Katholik, die JUMAner entdeckten starke Parallelen zu ihrer eigenen Religiösität.
Hier ein Bericht von Muhammed Aras:
„Am 6. März erhielten wir die Gelegenheit den Bundestagsvizepräsidenten Wolfgang Thierse zu treffen. Wir versammelten uns im Jakob – Kaiser – Haus des Deutschen Bundestages und wollten mehr von dem Mann wissen, der eine essentielle Rolle der Religion in der Politik sieht. Wir, als junge Muslime, setzen uns für eine weltoffene, tolerante und demokratische Gesellschaft ein und fanden es interessant, mit einem Politiker zu sprechen, der religiöse Werte als Bestandteil einer erfolgreichen Demokratie sieht und Politik für Menschen machen möchte, die sich nicht selbst zu helfen wissen.
Uns war anfangs unklar, weshalb Herr Thierse gerade zur SPD gegangen ist, um seiner Stimme Gehör zu verschaffen. Er antwortete darauf mit einer kleinen Anekdote aus seiner Jugend und schilderte, dass Willy Brandt ihn zu DDR-Zeiten mit „menschlicher Politik“ inspiriert und gezeigt habe, „was sozialdemokratische Politik sein könne“. Zum Beispiel, dass über lange Verhandlungen mit der DDR erreicht wurde, dass Familien aus Ost und West an Weihnachten vereint wurden. Außerdem war für ihn die SPD weltanschaulicher als andere Parteien, was seiner Ansicht nach besser in das moderne Zeitalter passe. Dem hohen Anspruch, das Christentum im Namen der Partei zu tragen, könne Politik nicht immer gerecht werden.
Die anfängliche Nervosität und Aufregung wurden durch ein simples Glockenleuten vom Mobiltelefon mit dem Kommentar „das ist mal wieder meine Frau“, aufgelockert und bald wurde klar, dass uns mehr verband, als uns bisher bewusst war. Für uns war es unglaublich interessant von Herrn Thierse zu hören, wie sich seine religiöse Überzeugung in seinen politischen Idealen und Handeln wiederspiegeln. Wir haben erfahren, dass Engagement und das Streben nach sozialer Gerechtigkeit, die Grundpfeiler des spirituellen Daseins, einen unersetzlichen Beitrag zur Politik aufweisen können.
Thema war auch das Bild des Islams in Deutschland. Seiner Ansicht nach sei das Islambild stark durch das abendliche Nachrichtenprogramm geprägt. Er ist der Meinung, dass dieses Bild von den Muslimen selbst korrigiert werden müsse. Denn nur eine Nahwahrnehmung wie bspw. in der Nachbarschaft könne das Bild verändern. Kommunikation und Invitation seien Werkzeuge, die zum Aufbau eines vorurteilsfreien und positiveren Bildes verhelfen würden. Ich war angetan von der sehr offenen Haltung gegenüber Andersgläubigen und seinem Einsatz für einen freien und sozialen Staat. Ich hatte das Gefühl, dass er wirklich daran glaubt und nicht nur aus politischem Opportunismus heraus so agierte oder dachte.
Wir bedanken uns bei Herrn Wolfgang Thierse für sein Interesse an einem Austausch und nehmen seine Ratschläge mit auf unseren Weg bei unserem unermüdlichen Einsatz und Kampf für mehr Demokratie und Toleranz.