
Die Theaterszene Berlins ist so sinnträchtig wie prägend und aus dem Kulturkomplex des Landes nicht wegzudenken. Wohl deshalb und vermutlich auch, weil das Theatergenre
einen ziemlich zugänglichen möglichen Andockungspunkt für Kultur und Vielfalt bietet, fiel der Fokus des Gesprächs über Kulturschaffung und Bildungsansätze im multikulturell- und religiösen Berlin zwischen den jungen Engagierten und dem Staatssekretär für kulturelle Angelegenheiten des Landes Berlin relativ schnell auf die Theaterkunst und ihre grobe Umsetzung.
Um 15 Uhr wirft Tim Renner (SPD) der Gruppe einen heiteren Blick gefolgt von einem freundlichen Lächeln zu und beginnt die Unterhaltung mit den Versammelten, die im hell durchfluteten Raum an den aufgestellten Tischen Platz nehmen. Nachdem er mit einer kurzen Einführungsvorstellung seiner Person den Auftakt zur Konversation angibt, stellen sich schließlich die Engagierten im Raum nacheinander vor; unter anderem ihre ehrenamtliche Arbeit bei JUMA oder in anderen Organisationen wie dem Islamischen Jugendzentrum Berlin (IJB) oder der Türöffner-Initiative, erzählen dann von ihren persönlichen Zielsetzungen. Ambitioniert sind die jungen Leute, angeregt und geistreich schildern viele bereits zu Beginn ihre Sichtweise auf die Kulturinstitutionen Berlins, einige drücken dabei auch ihre Vorbehalte, besonders aber ihre Vorstellungen von einem idealen Konnex von Kulturlandschaft und Multiethnizität und -religiösität aus. Tim Renner hört indes aufmerksam zu, macht sich ab und an Notizen, nickt oftmals bedacht.
]“Kulturelle Stereotype sind in der Tat vorhanden. Das ist nicht zu negieren. Daher brauchen wir einen kulturellen Wandel, der diese bricht“, fängt Tim Renner an, nachdem auch der letzte Engagierte zu Wort kam. Was gab es bis jetzt nicht, an was fehlte es uns bislang, dass ein deutlicher Diversitätsmangel in der kulturellen, so zum Beispiel innerhalb der Theaterlandschaft existiert? Die Frage hängt in der Luft, nach kurzem Gedankensammeln werden die ersten Meinungen ausgetauscht. Ein junger Engagierte aus dem IJB Berlin ist der Meinung, das fehlende Interesse am denkwürdigen deutschen Kulturerbe wie der Theaterkunst sei nicht bloß ein Phänomen unter jungen MigrantInnen, dies ziehe sich durch die gesamte jugendliche Altersgruppe, egal welcher Herkunft angehörend. Ein anderer junger Teilnehmer erwähnt die Theater-AG Ashura, die trotz vergleichsweise weniger Mittel dennoch beachtliche Arbeit leiste. Solche Gruppen und Initiativen gelte es zu unterstützen und die Entstehung dieser zu forcieren, meint Tim Renner.
„Wir müssen muslimische Jugendliche in die Regie, in Theater und Opern einbinden, nicht nur vor der Bühne, sondern mitten in die Produktion hinein. So können sie Neues schaffen und verändern.“ Damit geht Renner auf den unmittelbar davor in der Unterhaltung fallenden Begriff „kulturelle Involvierung“ ein. Es könne sich durchaus eine alternative Theaterkultur für Muslime bilden, dies müsse keine direkte Separation bedeuten, sondern reine Vielschichtigkeit. Dem stimmt die Runde in stummer Einheit zu. Nach langer, ausgiebiger Analyse der Berliner Kulturlandschaft und der in anderthalb Stunden imaginär bereits standfest aufgebaute Plan einer Relation zwischen der besagten Kulturlandschaft und der vor allem jungen, muslimischen Community. In angenehmer Einstimmigkeit schließt Tim Renner das aus- und ergiebige Gespräch ab, bedankt sich in sichtlicher Aufrichtigkeit für den Tatendrang und die Tatkraft der jungen TeilnehmerInnen der vielen Initiativen, insbesondere des JUMA-Projekts und motiviert mit Nachdruck für die Weiterführung dieser unentbehrlichen Arbeit.
Auch wir bedanken uns, Herr Renner, für das hochinteressante Gespräch!
Von Büsra Delikaya