
Seit September 2014 bietet die Katholische Akademie der Diözese Rottenburg-Stuttgart regelmäßig Veranstaltungen und Tagungen an zum Thema „Junge Muslime als Partner“. Im Mai 2017 trug die Tagung den Titel „Genderfragen unter jungen Muslimen“. Experten stellten in Fachvorträgen Wissenswertes zum Thema „Frauen- und Männerrollen im Islam“ vor und befassten sich mit der Außenwahrnehmung dieser Rollen und deren Identitätsprozesse. Frau Maske, Religionswissenschaftlerin der Universität Marburg bestätigte, dass die Abgrenzung in der Integrationsdebatte oft an der Frauenfrage festgemacht und auf diese mit der aufgeladenen Symbolik der verhüllten Frau reduziert wird. Dabei gibt es aber auch eine zunehmende positive Sichtbarkeit der Muslime in Deutschland: islamische Theologie wird als renommierter Studiengang an Hochschulen angeboten, islamischer Religionsunterricht findet Einzug in Schulen, muslimische Jugendliche gehören immer stärker zu den Bildungsaufsteigern und ein muslimischer Lifestyle entsteht, der auch von großen Marken als potentielle Käufergruppe entdeckt wird. Mit der zunehmenden Sichtbarkeit entstehen Konflikte, die für eine gesellschaftliche Entwicklung typisch sind, denn sie sind ein Zeichen für die Etablierung der Muslime und die Aushandlung von Deutungshoheiten. Auch in den muslimischen Gemeinschaften gibt eine innerislamische Autoritätsverschiebung zugunsten von Jugendlichen und Frauen, stellt Frau Maske fest. Traditionelle Muster werden zunehmend durchbrochen.
Die Tagung zu „Genderfragen unter jungen Muslimen“ zeigte diese Vielfalt der Positionen und Entwicklungen u.a. in den Interaktiven Diskussionsformaten und der anschließenden Podiumsdiskussionen mit Vertretern muslimischer Jugendorganisationen. Auf Nachfrage des Diskussionsleiters Volker Nüske, Projektleiter der Robert Bosch Stiftung, ob und wie Genderfragen in der muslimischen Jugendarbeit der Verbände behandelt würden, waren sich alle jungen Vertreter einig, dass diese bisher nicht explizit thematisiert, sondern als Teil der individuellen Betreuung der Jugendlichen betrachtet würden. Empowerment dagegen spiele für alle eine wichtige Rolle und es zeige Wirkung – auch im Hinblick auf die Rolle der Frau. Immer häufiger werde heute in der öffentlichen Debatte kompetent mit jungen muslimischen Frauen gesprochen und nicht mehr nur über sie, u.a. auch deshalb weil sie in der Jugendarbeit in ihren persönlichen Kompetenzen gefördert und in den gesellschaftlichen Debatten gefordert wurden.
Die Jumaner und Jumanerinnen aus Stuttgart nahmen an diesen Debatten und Austauschmöglichkeiten der Tagung aktiv teil, stellten an ihrem Informationsstand die Fotoausstellung, die im Februar im Rahmen eines Medienworkshops entstanden war, aus und zeigten in Gesprächen mit Teilnehmern und Teilnehmerinnen, dass junge Muslime wichtige Partner in gesellschaftlichen Entwicklungen und Herausforderungen sind – besonders auch die jungen Frauen. Wir danken der Akademie für die Möglichkeit dieses Austauschs.
Fotoquelle: Katholische Akademie der Diözese Rottenburg-Stuttgart
