Vor mehr als 160 Gästen setzte Bundespräsident Frank Walter Steinmeier ein Zeichen – er lobte das Engagement der jungen Berliner Muslim*innen und machte ihnen Mut: „Bleiben Sie auch in Zukunft solche „Türöffner“! Wir brauchen Sie, die Zusammensein organisieren, die streiten und arbeiten für den Zusammenhalt unserer Gesellschaft. Ich bin gekommen, um Ihnen dafür herzlich „Danke“ zu sagen!“ Ein Dank, den die Gäste mit lautem Applaus zurückgaben.

Frank Walter Steinmeier nahm mit seinen Worten Bezug auf das Motto des Iftars 2017: „Mut zum Zusammenhalt“. Ein sehr bewusst gewähltes Motto, denn in Zeiten von wachsendem Rechtspopulismus und Rechtsextremismus sowie Islamfeindlichkeit auf der einen Seite und islamistischem Terrorismus auf der anderen Seite braucht es diesen Mut jetzt erst recht.

Der Bundespräsident hat sich diesem Motto angeschlossen und durch seine Worte gezeigt, dass ihm bewusst ist, wie viel jungen Muslim*innen Anerkennung und das Gefühl der Zugehörigkeit gegenwärtig bedeutet. Diese Zeichen braucht es, denn dass Muslim*innen dazu gehören, wird immer wieder in Frage gestellt und ist für mache eben nicht selbstverständlich.

 

Staatsekretärin Sawsan Chebli findet persönliche Worte

Sawsan Chebli, Staatsekretärin des Landes Berlin, zuständig für Bürgerschaftliches Engagement und Internationales, kennt das Gefühl nicht als selbstverständlicher Teil der Gesellschaft wahrgenommen zu werden. Als Gastgeberin im Roten Rathaus begrüßte sie die Gäste mit einer persönlichen Rede:

„Ich weiß, dass es nicht immer einfach ist. Man hat das Gefühl, man befindet sich im Dauerkampf, Kampf gegen Anfeindungen, ja auch im Kampf um’s Dazugehören.

Und ich weiß, dass sich angesichts der Entwicklungen auch hierzulande viele von euch denken – einige haben mir gemailt oder mich angerufen: Egal, wie sehr wir uns einbringen, und wir könnten uns sogar als Zeugnis des Deutschseins Tag und Nacht auf dem Kopf stellen, wir werden niemals als echte Deutsche akzeptiert.

Und dann steht man vor diesem Dilemma: Spricht man offen darüber, welchen Anfeindungen man als Muslim begegnet oder lässt man es lieber sein, weil man sich auf keinen Fall als Opfer stilisieren will?“

Und weiter sagte Chebli…

„Ein weiteres Dilemma werden viele von euch kennen: Spricht man Missstände, Rückständigkeit und Unterdrückung in der eigenen Community offen auch in der Öffentlichkeit an oder lässt man es doch lieber sein, weil man den Islamhassern kein weiteres Futter geben will? Ich würde mich immer für einen selbstkrischen Umgang einsetzen: das stärkt die Muslime. Das Verschweigen dagegen ist der falsche Weg.

Eine der größten Herausforderungen für die muslimische Community ist der Terror,  der immer öfter und grauenvoller in die Herzen unserer Städte zuschlägt. Auch hier gibt’s das Gefühl, es leid zu sein, sich ständig vom Terror zu distanzieren.  Aber Muslime können nicht ignorieren, dass diese Monster sich Muslime nennen, den Islam pervertieren und nicht im Namen des Christentums,  sondern im Namen des Islam morden. Deshalb ist es richtig, dass sich jetzt in ganz Deutschland Muslime formieren, um gegen Terror und Gewalt zu demonstrieren.  Ich hoffe, ihr seid alle dabei.

Ich weiß, dass viele von euch genau diese inneren Kämpfe ständig führen. Und ich weiß, wie schwer es ist, trotzdem weiterzumachen, sich weiter für den Zusammenhalt in der Gesellschaft stark zu machen. “

Für ihre Worte erntete Chebli viel Zuspruch und Applaus.

Wenn nicht JUMA, wer denn dann?

Neben der Gastgeberin und dem wichtigem Ehrengast ging es vor allem darum, was die JUMAner*innen denken. Yunus, Vorstandsvorsitzender bei JUMA,  verlieh ihnen eine Stimme:

„Wir von JUMA, und damit meine ich natürlich auch die vielen anderen jungen Menschen, die JUMA repräsentiert und denen wir eine Stimme geben wollen, wir wollen ein Zeichen setzen gegen Diejenigen, die unablässig und in trauriger Weise mit Gewalt in Worten und Taten versuchen zu beweisen, dass ein vielfältiges Miteinander, unabhängig von Herkunft und Religion nicht möglich ist.

Wir von JUMA sind junge Menschen, die das große Glück haben, vielfältige Heimaten und Kulturen zu kennen und sich in ihnen heimisch zu fühlen. Gerade wir sorgen uns, dass unsere Erfahrung, dass ein Zusammenleben in Vielfalt nicht nur gelingen, sondern auch bereichernd sein kann, nicht alle erreicht- weil Zweifel, ja weil Zweifler obsiegen.

Zusammenhalt braucht Mut- weil das Zusammenleben in Vielfalt, das Anerkennen des Anderen in seiner Eigenheit – nicht nur im harmonischen Dialog, sondern manchmal auch in der Kontroverse stattfindet- das haben demokratische Gesellschaften und Familien gemeinsam. Alle Verschiedenheit und Unterschiedlichkeit sollten aber nicht vergessen lassen, dass wir zusammengehören.“

Allen drei Reden war anzumerken, dass die gesprochenen Worte keine leeren Hülsen waren, sondern die Redner sie wirklich meinten.

„Mut zum Zusammenhalt“, das bedeutet auch Solidarität für die Schwachen in der Gesellschaft und zu denen gehören auch die geflüchteten Menschen, die in den vergangenen Jahren nach Deutschland gekommen sind. Hinter der medialen Dauerpanik und den AfD-Parolen sind die Menschen und ihre Geschichten in den Hintergrund geraten. JUMA hielt auf dem Iftar gegen diesen Trend und erzählte die Geschichte eines geflüchteten Geschwisterpaars aus dem Irak mit Sandmalerei. Neben dieser Geschichte beeindruckten auch der Derwisch-Tanz und viele andere Programmpunkte.

Zum Schluss rockte noch Khalid Bounouar von RebellComedy die Bühne und verkürzte den Anwesenden die Zeit bis zum Iftar.

 

Fotos: ©Deborah Moses Sanks