“Muslim, Berliner, Deutscher, Ausländer, Demokrat…
Muss man sich entscheiden?”

Die Themengruppe ID-entity beschäftigte sich mit vielen interessanten Fragen zu Identität, Zugehörigkeit und was es für sie bedeutet, Muslim in Deutschland zu sein. Die Bildungsinitiative, die als Idee bereits in dieser Phase von JUMA entstand, ist realisiert worden und zählt zu einem der aktuellen Projekte von JUMA. Reinschauen lohnt sich!
Natürlich hatten auch sie bei der Realisierung ihrer Ideen tatkräftige Unterstützung durch ihren Paten und vor allem durch ihren Moderator.

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osama

Pate Osama Abed ist ein echter Berliner. Als Sohn ägyptischer Eltern ist er in Charlottenburg groß geworden. Nach dem Abitur studierte er Wirtschaftingenieurwesen an der Technischen Universität Berlin. An der Islamic Foundation in England schrieb er seine Doktorarbeit über „Islamic Finance“.  Als Forschungsstipendiat arbeitete Osama Abed an der Oxford University und als Wissenschaftlicher Mitarbeiter für die Deutsche Bank. Neben seinen Aufenthalten in Deutschland und England hielt er sich auch längere Zeit in Abu Dhabi auf, wo er als Senior Consultant für die Unternehmensberatung Boston Consulting Group tätig war.

Frage: In welchen Momenten Ihres Lebens haben Sie sich als Teil der Gesellschaft gefühlt? In welchen Momenten nicht?

Mir war beim Lesen dieser sehr interessanten Frage doch auch eine gewisse Gefahr der Polarisierung aufgefallen. Besonders vor dem Hintergrund einer gewissen Negativstimmung in der muslimischen Community, könnte die Veranstaltung helfen, positive Wege aufzuzeigen, wie man mit Erfahrungen der Ausgrenzung und allgemeiner mit dem Prozess der Identitätsfindung umgehen kann. Ein positives Selbstverständnis gehört ganz sicher dazu. Solche Gefühle einer gewissen Ausgrenzung gehören oft zum Entwicklungsprozess jedes Menschen, nicht nur derer mit Migrationshintergrund. Die Frage könnte man also nahezu allen Berliner stellen. Mit der Frage wird also jeder das ein oder andere Mal konfrontiert. Warum also speziell mit muslimischen Jugendlichen thematisieren? Die Trennung beider Aspekte der Frage verbirgt die Gefahr, dass der negative Teil den positiven überschatten könnte. Ich würde daher gerne beide Aspekte der Frage gemeinsam aufgreifen und nicht getrennt und antworten: ‚Du wirst so behandelt, wie Du Dich verstehst.‘

Moderator Chalid Durmosch ist als Sohn einer deutschen Mutter und eines arabischen Vaters im Harz geboren. Seit mehr als 10 Jahren setzt er sich intensiv autodidaktisch mit dem Islam auseinander.

Er ist seit vielen Jahren für den Verein Lichtjugend aktiv, mit dem er 2010 den “Botschafter für Demokratie und Toleranz”-Preis gewann.

Chalid engagiert sich in der Seelsorge in Jugendgefängnissen, ist aktiv im Berliner Polizeiprojekt „Stopp-Tokat“, er gibt islamische Aufklärungs- und Antigewaltseminare an Berliner Schulen, interreligiöse Fortbildungen und Moscheeführungen.

AG ID-entity

Ein schöner Abend, ein interessantes Gespräch: Am Mittwoch, 11. Mai 2011, haben sich die Jumas im Deutschen Bundestag mit Ruprecht Polenz verabredet. Ruprecht Polenz ist CDU-Bundestagsabgeordneter und seit 2005 Vorsitzender des Auswärtigen Ausschusses. Das Treffen hat diesmal die Gruppe ID-entity vorbereitet. Zulauf und rege Teilnahme an der Diskussion hatten wir jedoch auch aus anderen Juma-Gruppen.

Gegenstand unseres Gespräches war zu Beginn seine interessante Persönlichkeit; er als Politiker der CDU. Wie es denn eigentlich dazu kam, dass er bezüglich eines EU-Beitritts der Türkei einen völlig anderen Standpunkt vertrete als der Mainstream? Ob er womöglich intern von seinen Parteigenossen entgegen dem Anschein doch Zustimmung erfahre? Mit diesen Fragen verschafften wir uns einen Einstieg und ein authentisches Bild von ihm und seiner Position innerhalb der CDU. Unterstützung erhalte er, ja, auch wenn man es nicht vermutet, sogar oder gerade von Spitzenpolitikern.

Dann ging es um die Leitkultur. Er sprach sich gegen die Verwendung der Bezeichnung, „christlich-jüdische Leitkultur“ aus, da diese den Islam und die Muslime ausgrenze. Noch vor hundert Jahren wäre es kaum denkbar gewesen, von einer jüdischen Teilleitkultur zu sprechen. Heute christlich-jüdisch, um den Islam vor die Tür zu setzen. Herr Polenz ist vehementer Gegner solcher Polemik, seine Argumentation ist schlüssig.

Uns Jumas hat er viel mit auf den Weg gegeben: Auf die Diskussion über die Zugehörigkeit oder Nicht-Zugehörigkeit des Islam sollten wir uns lieber erst gar nicht einlassen. Die Beschäftigung mit einer emotional und polemisch aufgeladenen Diskussion, die von den Medien weiter angetrieben werde, sei kräftezehrend und alles andere als nutzbringend. Wir sollten uns hiervon nicht instrumentalisieren lassen. Die aktuell geführte Integrationsdebatte sei nach Ansicht Polenz‘ vielmehr eine deutsche Identitätsdebatte. Vor dem Fremden, vor dem Islam, durchlebe Deutschland eine Phase der „Identitätsneu(er)findung“. Es ist eine ähnliche Phase wie die nach dem 2. Weltkrieg, nach der Entstehung der EU, in der 68er Bewegung, zu Zeiten des Mauerfalls.

Zuletzt stellten wir Herrn Polenz unser Konzept für eine Aktion vor: Ausgehend von einer Initiative aus England wollen wir unsere MitbürgerInnen mit dem zivilisatorischen Erbe muslimischer Kulturen in Europa bekannt machen. Sichtlich überrascht und erfreut, regte Herr Polenz uns dazu an, unser Konzept historisch sehr gut zu untermauern und sensibel der Mehrheitsgesellschaft zu vermarkten. Er bat uns, das Projekt aus den Augen unserer vielen deutschen Mitbürger zu betrachten. Gleichzeitig erkannte er, dass durch die Aktion Migranten motiviert werden könnten, sich mehr in die gemeinsame Gesellschaft einzubringen und schließlich ein wichtiges Signal zu geben.

Ein Bericht der  JUMA-Teilnehmerin Manar Kanan

JUMA durfte am 04.02.2013 Herrn Dr. Mehmet Gürcan Daimagüler treffen. Die Veranstaltung ging über zwei Stunden und fand in der Senatsverwaltung für Inneres und Sport statt. Durch die einführenden Worte von Sawsan Chebli und die Vorstellung von uns, JUMA, begann das Treffen. Anschließend stellte sich Herr Daimagüler vor.

Er ist 1968 in Siegen als Sohn türkischer Gastarbeiter geboren. Daimagüler hat verschiedene Studiengänge parallel studiert doch nur Jura beendet und einen „Master in Public Administration“ absolviert.

1988 nahm einen Job bei dem ehemaligen Bundesinnenminister Gerhart Baum, MdB, an. 1992 nahm unser Gast die deutsche Staatsbürgerschaft an, vier Jahre später ging aus der Politik in die Unternehmensberatung. Doch nicht nur beruflich versuchte er sich in unterschiedlichen Bereichen, er bereiste auch verschiedene Länder, wie zum Beispiel die Schweiz, Österreich, die Türkei, Israel, die USA und England. Heute ist er als Rechtsanwalt tätig und vertritt unter anderem Opfer der NSU-Morde.

Die Frage nach seiner Identität beantwortet Daimagüler überzeugt. Er ist deutscher Staatsbürger. Von Nationalstolz hält er nichts. Zum Deutschsein gehört für ihn auch Verantwortung für den Holocaust. Wie andere seine Identität beurteilen, interessiert den Juristen nicht. Lange Zeit wurde er als „Türkei-Experte“ gesehen. Ab dem 11.09.2001 wurde er dann sogar zum „Islam-Experten“, obwohl er selbst von sich behauptet, dass er nicht besonders religiös ist. Er möchte trotzdem einmal im Leben nach Mekka. Generell sollen für ihn Politik und Religion getrennt werden.

Eine gute Karriere solle man planen und nicht auf die Art und Weise loslegen, wie es Daimagüler getan hat. Er sagt, er hätte es nicht „nach oben geschafft“. Der „Vorzeigemigrant“, wie er von den Medien genannt wird, fordert Jugendliche auf, sich eine solide und gute Ausbildung. Man soll seiner Stimme Gehör verschaffen und immer dabei bleiben, denn Politik funktioniert über Wahrnehmung!

Daimagüler hat die Erfahrung gemacht, dass viel Mühe und Vorschläge, in seinem Fall in der FDP, umsonst waren. Wenn man nicht nachplappert, kommt man nicht weit. Die Gesellschaft interessiert sich nur für bestimmte Themen.

Was Einwanderung angeht, unterteilt er die Gesellschaft in drei Gruppen: die, die Einwanderung und die damit einhergehende Veränderung gutheißen. Jene zweite Gruppe, die indifferent in einer sich verändernden Gesellschaft leben und schließlich jene dritte Gruppe, die jede Veränderung ablehnt und bekämpft. Die letzteren sind die „lautesten“ und sie prägen bzw. beeinflussten die Gesellschaft in den letzten Jahren.

Daimagüler gibt ihnen die Schuld an der zunehmenden Fremdenfeindlichkeit. Menschen werden nicht rassistisch denkend geboren, sie können es nur durch äußere Einflüsse werden.

Die Gesellschaft ist unsere Zukunft und wir sind verantwortlich dafür, wie unsere Zukunft aussieht. Wir müssen unserer Stimme nur Gehör verschaffen! Wir danken Herrn Dr. Daimagüler für das interessante und bereichernde Treffen.

 

 

 

Erlebnisbericht der Teilnehmerin Mariam El-Dawali:

„Im Rahmen des JUMA-Projektes unternahmen wir, junge Musliminnen und Muslime, am Samstag, den 28. Mai 2011, im Deutschen Historischen Museum eine kleine Reise durch die Epochen: Mittelalter, frühe Neuzeit, Absolutismus und das lange 19. Jahrhundert.  Dabei ging es um die Berührungspunkte Deutschlands mit dem Islam.

Zu diesem Thema bereiteten vier reizende Mitarbeiter des Museums einen Workshop vor, in dem wir  in Gruppen und auch selbstständig den Zusammenhang erforschen durften. Anschließend trugen einige Vertreter der einzelnen Gruppen ihre Ergebnisse vor. Jede Gruppe sollte sich für ein Werk (Gemälde, Statue etc.) entscheiden, das sie als charakteristisch für die Epoche empfanden. Von dem mittelalterlichen Gießgefäß (Aquamanile) bis zum Bilderbuch für Kinder über Hindenburg wurden sehr interessante Objekte vorgestellt. Nach dem Workshop hatte jeder Einzelne noch die Gelegenheit, sich mit anderen Bereichen des Museums vertraut zu machen.

Für mich war der Aufenthalt im Museum sehr bereichernd. Geschichte zu erforschen, ist sehr viel aufregender als nur im Geschichtsbuch zu lesen. Im Namen der Gruppe möchte ich mich bei unserem Gruppenleiter Herr Chalid Durmosch dafür bedanken, dass er uns dies überhaupt ermöglicht hat und auch herzlich dem Museum für den netten Empfang und das gelungene Programm danken. Dieser Besuch im Deutschen Historischen Museum war gewiss nicht mein letzter gewesen.“